Leitbild "Zedaka"

Zedaka bedeutet heute

Zedaka - Das jüdische Verständnis von Wohltätigkeit

„Wenn ein Armer in deiner Mitte ist, so verhärte nicht dein Herz und verschließe nicht deine Hand vor deinem armen Bruder. Geben sollst du ihm wiederholt und dein Herz sei nicht böse, wenn du ihm gibst.“ (5. Buch Mose, Deut. 15.7) 

Die Erscheinungsbilder der "alten" ZWST vor dem Krieg und der "neuen" ZWST nach ihrer Neugründung 1951 unterscheiden sich sehr voneinander. Doch das Verbindende ist der Rückgriff auf die Tradition der jüdischen Wohlfahrt, die mit dem hebräischen Begriff der "Zedaka" beschrieben wird. Zedaka, das Leitbild der ZWST, steht für das jüdische Verständnis von Wohltätigkeit und ist die Basis jüdischer Sozialarbeit. Diese ist im Judentum kein freiwilliger Akt, sondern eine der wichtigsten religiösen Pflichten, eine "Mitzwa" (hebr.). Sie beinhaltet einerseits eine sozialethische Handlungsanweisung und steht andererseits für soziale Gerechtigkeit. Wohltätig zu sein heißt, Hilfe nicht nur in Form von Almosen zu leisten, sondern im Sinne einer ausgleichenden Rechtsordnung. Jüdische Sozialarbeit wurzelt in der Jahrtausend alten Sozialethik des Judentums und hat sich auf der Basis dieser religionsgesetzlich verankerten Wohltätigkeit entwickelt.
Wenn sich auch die Aufgaben der ZWST seit Beginn ihrer Gründung im Jahr 1917 sehr gewandelt haben, so ist doch das Leitbild der ZWST immer aktuell geblieben.


Zum Begriff und Historie

Der hebräische Begriff Zedaka bedeutete ursprünglich ausschließlich Gerechtigkeit, erst allmählich entwickelte sich der Begriff zu einer allgemeingültigen Bezeichnung für Wohltätigkeit.
Zedaka ist keine Wohltätigkeit im christlichen Sinne, keine Mildtätigkeit, kein Almosengeben, sondern ein Gebot zum Schutz der Benachteiligten - mehr noch, sie ist eine Mitzwa (hebr., Pflicht), deren Befolgung sowohl dem Gebenden als auch dem Empfänger zugute kommt. Die christliche oder nichtjüdische Grundlage der Wohltätigkeit ist die Liebe zu den Mitmenschen, die Spendenbereitschaft hängt von der persönlichen Einstellung, vom Mitgefühl des Spenders ab. Basierend auf der Gerechtigkeit ist die Zedaka dagegen eine der wichtigsten Gebote des jüdischen Religionsgesetzes und muss von jedem Juden erfüllt werden. Die Ausübung und die Gabe von Zedaka ist keine freiwillige Handlung und bleibt nicht dem Ermessen des Einzelnen überlassen. Die Abstammung der Zedaka von der Gerechtigkeit unterscheidet die jüdische Auffassung der Wohltätigkeit ganz wesentlich von der christlichen oder der modernen Auffassung von Philanthropie oder Nächstenliebe. Die Tatsache, dass die Zedaka nicht als eine persönliche Entscheidung gewertet wird und unabhängig von der persönlichen Überzeugung erfüllt werden muss, hat die Praxis der jüdischen Wohltätigkeit über die Jahrhunderte bestimmt und entscheidende Auswirkungen auch auf die Ausformung der modernen jüdischen Wohlfahrtspflege genommen.

Die vollständigste und bekannteste mittelalterliche Formulierung von Wohltätigkeit stammt von dem jüdischen Gelehrten Maimonides (12. Jh.), der in 8 Stufen eine zunehmende Erfüllung der Mitzwa festlegte.  
1. Mit Unfreundlichkeit geben  
2. Weniger geben als angebracht, aber bereitwillig geben
3. Geben, nachdem man darum gebeten wird 
4. Geben, bevor man gebeten wird
5. Der Gebende kennt nicht den Namen des Bedürftigen, aber dieser kennt den Spender
6. Der Wohltätige weiß, wem er gibt, aber der Arme erfährt nicht den Namen des Spenders
7. Wohltätig sein in einer Weise, dass sowohl Spender als auch Bedürftige anonym bleiben und nichts voneinander wissen
8. Dem Bedürftigen die Möglichkeit geben, sich selbstständig zu ernähren

Bis heute gelten diese allgemeinen Regeln der Zedaka als Grundlage der jüdischen Wohltätigkeit: Die niedrigste Stufe der Zedaka ist die Gewährung eines Almosens und die höchste, den Verarmten in die Lage zu versetzen, von Hilfe unabhängig zu werden. Schon hier ist das moderne Fürsorgeprinzip der Hilfe zur Selbsthilfe zu erkennen: anderen dazu zu verhelfen, aus eigener Kraft für sich selbst sorgen zu können.    

 

Zedaka (10 Minuten Version) - Ein Film von Minka Pradelski und Eduard Erne

Zedaka Film