10 Jahre Deutsch-Israelischer Freiwilligendienst

Am 12. Mai 1965 wurden zwischen Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen, ein historischer Moment für beide Länder. Das Abkommen ebnete den Weg für unzählige Programme, Initiativen und Projekte, die den Austausch zwischen Deutschland und Israel nicht nur auf politischer, sondern auch auf wirtschaftlicher, technischer und zivilgesellschaftlicher Ebene förderten. 2015 wurde anlässlich des 50-jährigen Jubiläums in Anwesenheit der damaligen Präsidenten beider Staaten Joachim Gauck und Reuven Rivlin der Deutsch-Israelische Freiwilligendienst ins Leben gerufen, der seither durch die ZWST koordiniert und durch das BMBFSFJ gefördert wird. Seit der Gründung haben 235 Freiwillige aus beiden Ländern am Dienst teilgenommen.
Das Programm ermöglicht es jungen deutschen Freiwilligen („Outgoern“) durch den Internationalen Jugendfreiwilligendienst (IJFD) und jungen israelischen Freiwilligen („Incomern“) durch den Bundesfreiwilligendienst (BFD) im Alter von 18 bis 26, einen Dienst im jeweilig anderen Land für 6-18 Monate zu absolvieren.
Es ist das Alleinstellungsmerkmal des DIFD, einen Austausch von Freiwilligen in beiden Ländern zu ermöglichen und beide Gruppen in einem Programm zusammenzubringen, sei es auf Seminaren, im Rahmen von Sprachtandems oder durch Alumni-Freiwillige. Dies gilt für jüdische als auch für nicht-jüdische junge Erwachsene. Die Anzahl der Freiwilligen hat sich seit 2015 stetig erhöht – mit 25 deutschen Outgoern und 17 israelischen Incomern am 06. Oktober 2023 ist die ZWST eine Spitzenreiterin als Entsende- und Aufnahmeorganisation.
Die Folgen des 7. Oktobers 2023: Das Massaker der Hamas, dem mehr als 1200 Menschen zum Opfer fielen und die Geiselnahme von ca. 250 Menschen war ein dramatischer Einschnitt für die Bevölkerung in Israel und für die jüdische Community weltweit. Unmittelbar danach hat sich die Arbeit des DIFD in Deutschland in mehrfacher Hinsicht verändert und erweitert.
Eine Aufgabe der ZWST war es, mit Beginn der Rückholung deutscher Outgoer, den Kontakt zu ihnen zu halten. Zum einen, um auf Betreuungsbedarfe eingehen zu können, zum anderen, um sinnvolle, in Bezug zu ihrem Dienst in Israel stehende Einsatzmöglichkeiten als Überbrückung bis zur erneuten Ausreise zu ermöglichen. Die vielfältigen Koordinationsaufgaben, die in Israel vor Ort von Silvi Behm übernommen wurden, der pädagogischen Mentorin für die deutschen Outgoer, wurden seit Oktober 2023 und bis Februar 2025 von Erik Erenbourg, dem Koordinator der ZWST geschultert.
Für die deutsche Rückkehrergruppe mussten innerhalb von 3 Wochen bis Ende Oktober Kontakte zu passenden Einsatzorten - vor allem jüdische Gemeinden - geknüpft werden. Gerade in den ersten Wochen nach dem 7. Oktober 2023 war die Skepsis und Verunsicherung in den jüdischen Gemeinden hoch, fremde und mehrheitlich nicht-jüdische Freiwillige in ihre Strukturen zu integrieren. Hier galt es, Überzeugungsarbeit zu leisten bezüglich der Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements.
Von Oktober 2023 bis Anfang März 2024 wurden zwei Präsenzseminare und wöchentliche Online-Sessions für die Freiwilligen organisiert. Vor allem die Präsenzseminare waren von großer Bedeutung für die Rückkehrer, da sie ihre Erfahrungen in Israel untereinander austauschen konnten und sich eine Tür in die jüdische Gemeinschaft in Deutschland für sie öffnete.
Bereicherung für jüdische Gemeinden und Freiwillige aus Deutschland: Deutsche Freiwillige waren seit Mitte Oktober 2023 in jüdischen Gemeinden aktiv und beide Seiten profitierten enorm von der Mithilfe. In dieser Phase lernten die jungen Freiwilligen zunächst die jüdische Community in Deutschland kennen und erhielten sowohl durch den Kontakt zu israelischen Freiwilligen als auch zu in Deutschland lebenden Israelis Informationen über Politik und Gesellschaft in Israel. Ihre Tätigkeit ermöglichte eine Vertiefung in Bereiche, die normalerweise nicht Teil des DIFD sind. Durch die ehrenamtliche Unterstützung in jüdischen Gemeinden setzten die Freiwilligen ein Zeichen gegen Antisemitismus und gegen Israelhass - ein Zeichen der gelebten deutsch-israelischen Solidarität. Die Barrieren der teilweise als "verschlossenen" wahrgenommenen jüdischen Gemeinschaft in Deutschland wurde durch die unmittelbare Unterstützung abgebaut. Die Erfahrungen, die die Freiwilligen aus den jüdischen Einrichtungen gemacht haben, tragen sie als Multiplikator:innen auch in ihr soziales Umfeld und setzen ein Zeichen für Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Auf der Incoming-Seite stieg die Anzahl der israelischen Freiwilligen auf fast 20 junge Erwachsene in einem Jahrgang. Viele begründeten ihre Entscheidung für den Dienst mit ihrem Wissen über die hohe Bedeutung der Unterstützung jüdischer Gemeinden in Deutschland.
Nach Abstufung der Reisewarnung im Februar 2025 erhält der DIFD der ZWST wieder neue Bewerbungen für den Dienst in Israel, mehrheitlich von jungen jüdischen Erwachsenen. In den Vorjahren waren 95% der Outgoer nicht-jüdische Freiwillige. Erik Erenbourg, ZWST (Projektleiter des DIFD)
Was bedeutet die zentrale Aussage des DIFD „Du bist kein Tourist - Du bist ein Botschafter?“
Laura Cazés (ZWST, ehemalige Projektleiterin des DIFD): „Touristen sind die DIFD Volunteers allein schon deshalb nicht, weil sie das Gastland im Laufe von mindestens sechs Monaten erleben. Doch ein Freiwilligendienst ist viel mehr als das: Er kann eine Eintrittskarte in das Alltagsleben der Gastgesellschaft sein, mit all ihren Vorzügen und Herausforderungen, gleichzeitig in einem geschützten Umfeld. Die Freiwilligen wollen mehr tun als das Land zu ‚konsumieren‘- und an dieser Stelle kommt der zweite Teil des Mottos ins Spiel: Du bist ein Botschafter. Die Botschaft, die Freiwillige überbringen: Ich bin ein Individuum meiner Heimatgesellschaft, ich bringe eine vielschichtige persönliche Biografie und Sozialisierung in ein anderes Land. Ich will das Gastland eben auch in seiner Vielschichtigkeit erfahren.” (ZWST informiert, 3-2017)