„Menschlichkeit ist unteilbar“ - Fachtagung in Berlin

„Menschlichkeit ist unteilbar“ - Fachtagung in Berlin

Mann mit Mikro und Tagungspublikum

Minorities in Crises: Fachtagung von ZWST und OlamAid in Berlin 

Am 5. November 2024 luden die humanitäre Hilfsorganisation OlamAID e.V. und die ZWST zur Fachtagung „Minorities in Crises / Minderheiten in Krisen“ in Berlin ein. Die Veranstaltung richtete sich gezielt an Expert:innen und Fachkräfte aus den Bereichen Humanitäre Hilfe, Katastrophenschutz und Soziale Arbeit und thematisierte die wachsenden Herausforderungen, vor denen ethnische und religiöse Minderheiten, Menschen mit Behinderungen sowie andere vulnerable Gruppen weltweit in humanitären Krisensituationen stehen. Die Tagung fand in englischer, deutscher und ukrainischer Sprache mit Simultanübersetzung statt. Zentrale Motive der Panels und Workshops waren Inklusion und Teilhabe vulnerabler Gruppen, psychosoziale Unterstützung und Resilienzförderung sowie der Zugang zu Ressourcen und Antidiskriminierungsmaßnahmen. 

Christian Heldt, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt eröffnete mit seinem Grußwort die Veranstaltung: „Globale Krisen verdichten sich zunehmend. In den betroffenen Gesellschaften laufen vulnerable Gruppen und Minderheiten Gefahr, dabei noch mehr in Vergessenheit zu geraten. Umso wichtiger ist die enge Zusammenarbeit zwischen Akteur:innen aus Zivilgesellschaft, Hilfsorganisationen und Regierungen. Best practices dazu werden in dieser Tagung beleuchtet.“

Maria Rüther (Geschäftsführerin von Aktion Deutschland Hilft) betonte in ihrer Videobotschaft an die Teilnehmenden: „Minderheiten, die ihre Stimme nicht selbst erheben können, brauchen humanitäre Hilfsorganisationen, um in Krisensituationen die Unterstützung zu erhalten, die sie benötigen.“

Anschließend begrüßten Gal Rachman (CEO OlamAid) und Aron Schuster (Direktor der ZWST) die Anwesenden. Aron Schuster erläuterte die Motive der Humanitären Hilfe für die ZWST: „Das Leitbild der Zedaka, das jüdische Verständnis der Wohlfahrtspflege, liegt allen Handlungen der ZWST zugrunde. Die Hilfe zur Selbsthilfe ist dabei die Maxime. Was uns am meisten leitet, ist die Zusammenarbeit mit den betroffenen Zielgruppen selbst, um sie in die Lage zu versetzen, unabhängig handeln zu können.“ Gal Rachman betonte: „Aufgrund ansteigender Radikalisierungen, sind vulnerable Gruppen in Krisen besonders gefährdet. Diese herausfordernden Zeiten können jedoch auch eine Chance sein, um Minderheiten insbesondere zu stärken. Dafür setzt sich OlamAid gemeinsam mit der ZWST ein.“

In ihrer Keynote unterstrich Deidre Berger (Board of Directors OlamAid): „Besonders in Zeiten von Konflikten und Krisen treffen Verschwörungstheorien auf fruchtbaren Boden und gefährden Minderheiten. Umso mehr ist es das Anliegen von OlamAid, starke zivilgesellschaftliche Partnerschaften zu kreieren und mit politischen Akteur:innen zusammenzuarbeiten.“

Das erste Panel zum Thema „Die Bedürfnisse von Minderheiten in Krisenregionen adressieren: Internationale Einblicke aus dem Feld“ befasste sich mit den Herausforderungen, mit denen Minderheiten und gefährdete Gruppen und Gemeinschaften in aktuellen Krisengebieten konfrontiert sind. Die Expert:innen Limor Levi (Society of Advancement Education in Israel),  Christoph Waffenschmidt (ehem. Geschäftsführer von World Vision), Lukas Welz (GF der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V., BAfF) und Mirjana Maksimovic (EU Delegationsmitglied Serbien) teilten ihre Erfahrungen aus der Praxis und erörterten die Frage, wie Minderheiten in Krisenzeiten besser unterstützt werden können.

Die anschließenden Workshops setzten sich auseinander mit: „Betroffene Gemeinschaften unterstützen sich selbst und gegenseitig - 2 Beispiele aus der Ukraine“, „Das Navigieren durch Schichten von Vulnerabilität und Resilienz: MHPSS mit Minderheitenbevölkerungen“ und „Wenn Menschen mit Behinderung von globalen Krisen betroffen sind: Einblick in die Arbeit eines Kunstateliers“.

Max Landero (Staatssekretär für Integration, Antidiskriminierung und Vielfalt des Landes Berlin) eröffnete den zweiten Teil der Fachtagung: „Diese Tagung sendet ein ganz klares Zeichen: Menschlichkeit ist unteilbar. Partizipation und die Gestaltung nachhaltiger Programme für vulnerablen Gruppen sind in Anbetracht ansteigenden Rechtspopulismus wichtiger denn je.“

vier Menschen sprechen auf dem Podium
v.li.: Carlo Schenk (Program Manager OlamAid), Aron Schuster (Direktor der ZWST), Albrecht Broemme (ehem. THW-Präsident, Flüchtlingskoordinator Berlin), Elise Rütter (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenvorsorge)

Im zweiten Panel „Deutschland im Katastrophenfall: wie Minderheiten und vulnerable Gruppen nicht vergessen werden” diskutierten Aron Schuster, Albrecht Broemme (Ehem. THW Präsident und Flüchtlingskoordinator des Landes Berlin), Maria-Victoria Trümper (Selbstbestimmt Leben e.V.), und Elise Rüter (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenvorsorge) über die besonderen Bedürfnisse von Minderheiten in Deutschland in Krisenzeiten, einschließlich Naturkatastrophen. Auf der Grundlage von Erfahrungen aus aktuellen Nothilfe- und Rehabilitationsprojekten wurden dabei wirksame Strategien für die Einbeziehung, Befähigung und Beteiligung von vulnerablen Gruppen aufgezeigt. Aron Schuster gab Einblicke in die Praxis Humanitärer Hilfe: „Eine besondere Herausforderung für Humanitäre Hilfe ist oftmals das Spannungsfeld zwischen den Zielen, einerseits schnellstmöglich Hilfe leisten zu wollen und anderseits zielgruppengerechte Lösungen für vulnerable Gruppen wie Senior:innen anzubieten. Dies hat z.B. die Evakuierung von hochbetagten Shoah-Überlebenden aus der Ukraine nach Deutschland gezeigt.“

Der zweite Workshop Slot umfasste die interaktiven Workshops „Lernen von Erfolg und Austausch von best practices“ mit Idan Tobias (Experte für Organisationsentwicklung und -umwandlung), „Gerüchte, Falschinformationen und Instrumentalisierungen in Katastrophen aus einer psychologischen Perspektive“ mit Dr. Pia Lamberty (Center für Monitoring, Analyse und Strategie, CeMAS) sowie „Einbindung von Freiwilligen und Betroffenen in die humanitäre Hilfe (Kurzfilm gefolgt von einer Diskussion)“ mit Projektteams von OlamAid. 

Zum Abschluss wurden alle Workshop-Ergebnisse im Plenum präsentiert und zentrale Themen zusammengetragen. Die Fachtagung eröffnete eine wertvolle Plattform, gemeinsam mit betroffenen Gemeinschaften, lokalen Partnerorganisationen und Expert:innen erfolgreiche Hilfsangebote hervorzuheben, um die humanitäre Unterstützung und den Schutz vulnerabler Gruppen zu verbessern. Sie bot den Teilnehmenden die Gelegenheit, sich mit anderen Praktiker:innen zu vernetzen und praxisnahe Lösungsansätze kennenzulernen. Die ZWST und OlamAid bedanken sich bei allen Speaker:innen und Teilnehmenden und freuen sich auf die nächste Fachtagung! Regina Potomkina