Aktion Deutschland Hilft e.V. im Gespräch mit dem Projektteam von OlamAid in Israel

Aktion Deutschland Hilft e.V. im Gespräch mit dem Projektteam von OlamAid in Israel

Drusische Frauen im Kräuterworkshop
Im Resilienzzentrum in Isfiya im Norden Israels

In den israelischen Grenzregionen im Norden und Süden des Landes ist die jüdische und arabischsprachige Bevölkerung den Auswirkungen des Krieges und der ständigen Bedrohung durch Raketen ausgesetzt. Gefördert von Aktion Deutschland Hilft e.V., organisiert die ZWST, gemeinsam mit ihrer Partnerorganisation OlamAid e.V. mit einem hebräisch- und arabischsprachigen Team psychologische Unterstützung und Traumabewältigung  in zwei Resilienz-Zentren. In Isfiya im Norden konzentriert sich das Team von OlamAid auf psychosoziale Unterstützung und therapeutische Workshops, die den spezifischen Bedürfnissen der Drusischen Gemeinschaft, einer arabischsprachigen Religionsgemeinschaft, gerecht werden. Dabei werden Therapeut:innen aus den lokalen Gemeinschaften eingebunden, um kulturelles Verständnis sicherzustellen und Vertrauen zu schaffen. Im Resilienz-Zentrum in Eshkol im Süden liegt der Schwerpunkt vor allem auf Kunst- und Musiktherapie.

Aktion Deutschland Hilft hat sich mit den Kunst- und Musiktherapeut:innen im Resilienzzentrum in Eshkol unterhalten: 

Wie würden Sie die aktuelle Situation in Israel und in der Eshkol-Region beschreiben? „Wir sind zutiefst betroffen von der humanitären und psychischen Belastung durch die aktuelle Lage in Israel. Wir sehen eine Landschaft, die zutiefst von Trauma, Vertreibung und einem dringenden Bedarf an emotionaler Unterstützung geprägt ist. Seit dem 7. Oktober mussten rund 143.000 Menschen in Israel ihre Häuser verlassen, und etwa 64.500 sind weiterhin vertrieben. Das Trauma und die Instabilität betreffen alle Altersgruppen, allein in Israel benötigen über 600.000 Menschen therapeutische Unterstützung.“ 

Was sind die größten Herausforderungen und wie beeinflussen diese die mentale Gesundheit? „Die größte Herausforderung ist die Identitätskrise. Viele Vertriebene haben Mühe, sich wieder heimisch zu fühlen, da Gemeinschaften zerfallen sind und Energie für den Wiederaufbau fehlt. Verwirrung und emotionale Überforderung nehmen zu, und die mangelnde Auseinandersetzung mit den Kriegsfolgen erschwert die Verarbeitung von Verlusten und erhöht das Risiko für Depressionen und andere Probleme.“

Wie unterstützt Kunst- und Musiktherapie Menschen bei der Verarbeitung traumatischer Erfahrungen? „Kunst und Musik ermöglichen Menschen, Kontrolle über den inneren und äußeren Raum zurückzugewinnen. Während traumatische Erlebnisse oft als unkontrollierbare Eingriffe erlebt werden, bietet der kreative Prozess einen Gegenpol, da er auf Eigeninitiative beruht und individuelle emotionale Bedürfnisse berücksichtigt. Musik und Kunst sind auch hilfreiche Ausdrucksformen, gerade wenn Worte für extreme und traumatische Erfahrungen fehlen. Klang und Material spiegeln unmittelbar die eigenen Emotionen und bieten ein Ventil, das Selbstwahrnehmung und Reflexion fördert.“

Wie gehen Sie mit den emotionalen Herausforderungen Ihrer Arbeit um? „In diesen Zeiten sind wir gefordert, unsere Fähigkeit, uns um Einzelne, Familien und Gemeinschaften zu kümmern, zu erweitern und zu entwickeln. Um unsere Resilienz zu stärken, nutzen wir professionelle Beratung und persönliche Unterstützung. Wir haben gelernt, einfache Momente mit den Kindern, zu Hause und in der Natur zu schätzen und dankbar zu sein, dass wir als Familie gesund und vollständig sind. Wir sind voller Engagement für die Menschen, die sich trotz allem entschieden haben, hier zu leben. Die Fähigkeit, das Zentrum der Gemeinschaft als potenziellen Raum zum Denken, Träumen und Schaffen zur Verfügung zu stellen, stärkt uns ebenfalls.“

Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Arbeit im Resilienz-Zentrum? „Wir wollen die Gemeinschaften stärken und ein unterstützendes Umfeld schaffen, in dem kollektive Verluste verarbeitet werden können. Ein weiteres Ziel ist die Förderung von Resilienz, um individuelle und kollektive Ressourcen für künftige Krisen zu aktivieren. Außerdem wollen wir den Bewohner:innen Freizeitangebote und damit so etwas wie eine neue Normalität bieten, die Wohlbefinden und soziale Interaktion ermöglicht. Unser Zentrum ist derzeit das einzige in der Gegend, das offene soziale Veranstaltungen, Musik, Kunst und Handwerk in einem gemeinschaftlichen Rahmen anbietet.“