Editorial von Aron Schuster, Direktor der ZWST, Ausgabe 4-2024

Editorial von Aron Schuster, Direktor der ZWST, Ausgabe 4-2024

Aron Schuster am PC

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde, mit dem Scheitern der Ampelkoalition haben alle demokratischen Parteien die große Verantwortung in Zeiten immenser globaler Herausforderungen beteuert und versichert, handlungs- und entscheidungsfähig bleiben zu wollen. Ob diese Versprechungen ernst gemeint sind oder Lippenbekenntnisse bleiben, wird sich sehr schnell, noch vor der nächsten Regierungsbildung zeigen. Der Bundestag will den Bundeshaushalt 2025 in der aktuellen Legislaturperiode nicht mehr verabschieden. Die Folge ist eine monatelange vorläufige Haushaltsführung, ein Nothaushalt, der primär Pflichtausgaben und Verpflichtungsermächtigungen ermöglicht. Der Haushalt 2025 könnte erst im zweiten Halbjahr des kommenden Jahres Gesetz werden. Eine Hängepartie, die vermutlich noch länger dauern könnte als im Jahr 2018. Damals wurde der Vertrag der großen Koalition im März unterzeichnet und der Haushalt im Juli verabschiedet. Für zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure aus der politischen Bildung, Kultur, Demokratieförderung, dem Umweltschutz, Sport, Freiwilligendiensten und vor allem dem sozialen Bereich hätte dies gravierende bis hin zu existenzielle Folgen. Jede Verzögerung gefährdet die Arbeit gemeinnütziger Dienste und Einrichtungen. Wenn soziale Anlaufstationen wegbrechen, werden vor allem vulnerable Zielgruppen, die auf Unterstützung angewiesen sind, allein gelassen. Wenn die in Deutschland so ausgeprägte und aktive Zivilgesellschaft durch ausbleibende oder unsichere Unterstützung geschwächt wird, während in Berlin politische Machtkämpfe das Tagesgeschehen beherrschen, darf sich niemand wundern, wenn Populisten von rechts wie von links die einzigen Gewinner der Neuwahlen sind.  

Demokratie braucht zivilgesellschaftliches Engagement. Zivilgesellschaftliches Engagement braucht funktionierende und stabile politische Verhältnisse. Ohne funktionierenden Sozialstaat droht eine soziale Spaltung mit bedrohlichen Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Für ein haushaltpolitisches Vakuum ist die Lage zu ernst.
Ihr Aron Schuster, Direktor der ZWST