Betreuungsfreizeit für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen im Kurheim Beni Bloch im Mai 2025

Betreuungsfreizeit für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen im Kurheim Beni Bloch im Mai 2025

Lachender älterer Herr und lachende ältere Dame

von Dinah Zenker, ehemalige Leiterin des Saul Eisenberg Seniorenheims München

Wir alle, auch wir Menschen aus den betreuenden und pflegenden Berufen, können es uns vermutlich nur schwer vorstellen, was es wirklich bedeutet, eine Partnerin, einen Partner, Geschwister oder andere Angehörige mit kognitiven Einschränkungen, mit einer diagnostizierten Erkrankung wie z.B. Morbus Alzheimer 24 Stunden am Tag mit Geduld, Verständnis und Liebe zu begleiten. Die Angehörigen, die dies leisten,  sind die stillen Heldinnen und Helden unserer Gesellschaft.
Umso schöner und wertvoller ist es, dass seit vielen Jahren die ZWST diesen Menschen die Möglichkeit gibt, einen Kurzurlaub von der schweren Verantwortung zu nehmen. Im Kurheim Beni Bloch in Bad Kissingen wird für eine Woche lang ein vielfältiges Programm angeboten.

Ausgebildete und mehrsprachige Betreuer:innen kümmern sich um die individuellen Bedürfnisse der Menschen. Sie gehen mit viel Professionalität und Empathie mit den Gästen um. Eine erfahrene Sozialarbeiterin hält alle Fäden in der Hand und steuert  mit viel Wissen, gesunder Autorität und Zuwendung die Aktivitäten der Mitarbeitenden wie der Gäste. Zeitnah wird täglich gemeinsam reflektiert, was guttat und was man noch verbessern könnte.

Für das leibliche Wohl sorgt das wunderbare Team im Beni Bloch Haus und alle freuen sich auf die gemeinsamen Mahlzeiten, die auch Gelegenheit geben, sich näher kennenzulernen und oftmals sogar Freundschaften zu schließen. 

Wie durch Zauberhand verschwinden in dieser warmherzigen Atmosphäre fast alle Grenzen, die durch Krankheit oder mangelnde sprachliche Fähigkeiten im Alltag eine Rolle spielen. Wenn es keine Worte mehr gibt, spricht die Musik. So ist gemeinsames Singen und Tanzen besonders schön und beliebt. Jiddisches, hebräisches, russisches Liedgut lässt niemand auf dem Stuhl sitzend zurück und auch ungelenkige Menschen - wie meine Wenigkeit - schwingen das Tanzbein. Welche Würde und Respekt erhalten die Gäste, wenn sie von ihrem Leben erzählen dürfen, von ihrer Biografie, der unglaublichen Lebensleistung, die sie vollbracht haben. Auf den alten Fotografien sind die gleichen Menschen zu sehen wie heute - nun, etwas jünger vielleicht - aber sie sind auch für uns der Architekt, der Musiker, der Arzt, der/die sie in ihren jungen Jahren waren und nicht der Mensch, der heute nicht mehr weiß, mit welchem Bus man wohin kommt und wie man ganz genau heißt. Es spielt schlichtweg keine Rolle.

Auch beim gemeinsamen Backen der Challe für den Schabbat haben alle gleichermaßen Freude und Spaß. Jeder ist stolz auf sein „Werk“, das am Erew Schabbat genüsslich verzehrt wird. Die älteren Damen benötigen vielleicht Hilfe beim Kerzenzünden am Freitagabend, aber sie tun es mit Begeisterung. Die Herren sprechen den Segen über Brot und Wein, wissen die Worte des Kiddusch, als gäbe es keine Gedächtnisstörungen. Am Schabbat werden sie zur Torah aufgerufen und wenn sie nicht mehr selbst zur Bimah gehen können, so wird eben die Heilige Schrift zu ihnen gebracht. Alle sind festlich gekleidet, der Schabbat und der Mensch werden geehrt. G`tt unterscheidet nicht zwischen gesund und eingeschränkt. 

Ebenso erhalten die betreuenden Angehörigen kurze Lehreinheiten von Fachleuten über Krankheitsbilder, den Umgang damit, die medikamentösen Möglichkeiten und anderes. Sie können von sich und ihren Nöten frei erzählen, werden beraten und unterstützen sich gegenseitig. Es herrscht großes Vertrauen in den Gruppen.

Ausflüge, Besuch von Ausstellungen, ein Spaziergang durch das ehemalige jüdische Bad Kissingen sorgen für Abwechslung.

Am Ende der Woche sind sich alle vollkommen einig: „Es war wunderbar, es war viel zu kurz und hoffentlich sehen wir uns wieder“. Liebe ZWST! Vielleicht kann man ja doch noch zwei, drei Tage dranhängen? Für mich persönlich ist es immer wieder eine sehr große Freude und Ehre, etwas von meinem fachlichen Wissen weitergeben zu dürfen, vielleicht auch mal eine gute Ejze zu haben und ein Mitglied dieser Freizeit sein zu dürfen.

Liebe Graziella Gubinsky, liebe Betreuende und Dolmetscher:innen, Ihr seid einfach grandios. Ich bedanke mich sehr bei allen Menschen, denen ich in Bad Kissingen begegne. Sie alle haben meinen Respekt und meine Zuneigung. Sie bereichern mich sehr und ich freue mich bereits jetzt hoffentlich auf ein nächstes Mal. B`Schana Habaa in Bad Kissingen.

Dinah Zenker, Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern, unterrichtet in Berufsfachschulen transkulturelle Pflege, ist seit rund 20 Jahren Referentin und Betreuerin bei der ZWST