Editorial von Aron Schuster, Direktor der ZWST, Ausgabe 3-2025

Editorial von Aron Schuster, Direktor der ZWST, Ausgabe 3-2025

Aron Schuster am PC

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde, mit Beginn der politischen Sommerpause erlebt die neue Bundesregierung mit der geplatzten Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht seine erste große Krise. Doch im Kern ist der Vorgang nicht nur politisches Missmanagement, sondern ein Spiegelbild struktureller Herausforderungen unserer Demokratie.

Debatten über die Gerichtsbarkeit, insbesondere die Rolle und Besetzung von Verfassungsgerichten gefährden das Vertrauen in die Fähigkeit des Parlaments, über ideologische Gräben hinweg Konsens zu finden. Wenn selbst die Wahl einer Verfassungsrichterin zum ideologischen Schlachtfeld wird, steht mehr auf dem Spiel als ein vakantes Richteramt. Es geht um die Frage, ob unsere Demokratie noch in der Lage ist, ihre Institutionen über Parteigrenzen hinweg zu schützen und zu stärken.

Es ist ein besorgniserregender Trend, der nunmehr auch Deutschland erreicht. Die Entwicklungen in Mexiko, Ungarn, Polen, USA und Israel machen deutlich, wie populistische Kräfte die Justiz als Machtinstrument begreifen und beeinflussen wollen. So wurde auch die jüngste Debatte in Deutschland maßgeblich durch rechtspopulistische Akteure rund um die AfD aufgeheizt und hat schließlich Widerhall in der konservativen Regierungsfraktion gefunden.

Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland hat seit Langem ein feines Gespür für die Bedrohung durch populistische und extremistische Kräfte. Sie warnt nicht nur vor der Instrumentalisierung bei Antisemitismusdebatten, sondern hat sich bislang geschlossen und konsequent gegen Missbrauchsversuche gewehrt. Diese Haltung ist Ausdruck einer tief verankerten demokratischen Verantwortung – und sie verlangt Tag für Tag enorme Energie, Aufmerksamkeit und Haltung. Sich nicht vereinnahmen zu lassen, klare Grenzen zu ziehen und gleichzeitig konstruktiv im demokratischen Diskurs zu bleiben, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine bewusste Entscheidung – immer wieder aufs Neue. Von dieser Klarheit, Geschlossenheit und Ausdauer kann sich die Politik eine Scheibe abschneiden.

Ihr Aron Schuster, Direktor der ZWST